5.2
Die Gemeindepolitik (1918 - 1938 )
Soweit versucht wird, vor allem die Politik in der Gemeindestube von Glöckelberg zu beschreiben, muss manchmal auch hier auf die „große“ Politik hingewiesen werden, soweit dies nicht schon im vorhergehenden Teil geschehen ist. Sie wirkte, wie überall, auch auf das kleine Bergdorf, manchmal mäßigend, befreiend, sehr oft aber störend, schließlich vernichtend.
Schon am 7. 12. 1918 trat der Gemeindeausschuss zusammen und wählte den Gemeindevorsteher Jakob Schacherl. (Eine Aufstellung der Vorsteher findet sich am Ende von diesem Abschnitt). Schacherl nahm die Funktion jedoch nicht an und trat im Februar 1919 aus dem Ausschuss aus.
Die zum Teil blutigen Kämpfe im Raume Kaplitz (1918) fanden in den schriftlichen Aufzeichnungen keine Erwähnung.
Alles, was an die Monarchie erinnerte, musste entfernt werden. Der Schmied Škola bekam im März 1919 den Auftrag, die Plakette des Kaisers Franz Josef vom Denkmal, das vor dem Gemeindehaus stand, zu entfernen. In Befolgung einer Anordnung der Statthalterei wurden im Juni desselben Jahres alle öffentlichen Feierlichkeiten und Unterhaltungen verboten. Die Assentierungen durch den tschechischen Staat waren in der Folge jedes Jahr bekannt zu machen.
Erste Gemeinderatswahl.
Im Juni 1919 wurden eine „gekoppelte“ Liste für die Gemeinderatswahl aufgestellt. Die Liste enthält die Namen der Bewerber, jedoch keine Hinweise auf Parteizugehörigkeit. Erwähnenswert ist, dass es zu dieser Zeit in Glöckelberg bereits einen Photografen gab, der in der Wahlliste aufscheint: August Mayer aus Glöckelberg Nr. 75. Diese erste Wahl im neuen Staat fand am 13. Juli 1919 statt. Gewählt wurde der Gemeindevorstand (Gemeinderäte) und der Gemeindevorsteher und seine Stellvertreter.
Als in Krumau der neue Bezirkshauptmann Josef Ruth eingesetzte wurde, war sein erster Erlass, der in der Gemeindestube bekannt wurde, das unter Strafdrohung gestellte Verbot, die Bezeichnung „Deutsch-Böhmen“ zu verwenden.
Ortsschulrat
Am 12. Februar 1920 wurde in Krumau der Ortsschulrat angelobt : Obmann Johann Poferl, Gemeindevorsteher, August Mayer, Photograf, Heinrich Pascher, Oberlehrer, Ludwig Thaler, Landwirt in Glöckelberg Nr. 17, Alois Essl, Pfarrer, Johann Schaubschläger, Häusler in Hüttenhof Nr. 68. Kosten für die Gemeinde 150 Kronen.
Auf Grund eines Gesetzes vom 9. April 1920 wurde noch am 26. Dezember 1920 in einer Gemeindeausschusssitzung neuerlich ein Ortsschulrat gewählt: Johann Poferl, Gemeindevorsteher (17 Stimmen), Johann Kary, Landwirt in Glöckelberg 5 (17 Stimmen), Heinrich Rodinger, Beamter in Josefsthal (11 Stimmen). Ergänzt wurden die Mitglieder durch Heinrich Pascher, Oberlehrer und Karl Uhrmann, Lehrer in Hüttenhof, als Vertreter des Lehrkörpers.
Am 22. März 1925 kommt es zur nächsten Wahl des Ortsschulrates, in welchem wieder der Ortsvorsteher Ludwig Löffler und von der Lehrerschaft Heinrich Pascher vertreten sind. Die nächste Wahl findet im April 1929 statt. Auch nach dieser Wahl sind wieder Heinrich Pascher und Rudolf und Maria Janda vertreten.
Am 25. Juni 1933 fand die Angelobung des neuen Ortsschulrates statt. Teilweise sind es die gleichen Vertreter, die schon bisher Mitglied waren. So Oberlehrer Pascher und Lehrer Rudolf Janda und der Gemeindevorsteher Ignaz Lehrer. Als Ersatzmänner werden Franz Petschl, Glöckelberg Nr.91 und Leo Petschl, Häusler und Schneider In Glöckelberg Nr. 119 genannt.
Gemeindeprobleme
Der Gemeindevorsteher Johann Poferl, der seit 13.7.1919 im Amte war, legte in der Gemeindesitzung am 17.7.1920 wegen Unstimmigkeiten sein Amt nieder. Er legte ein ärztliches Zeugnis vor, dass er herzleidend sei. Am nächsten Tag übernahm Wenzl Pranghofer, ein Liberaler aus der Bauernpartei, für kurze Zeit die Amtsgeschäfte. Am 25., also etwa eine Woche später, wählt man neuerlich Johann Poferl für die letzte Juniwoche und für den Juli zum Gemeindevorsteher. Da aber der Gemeindesekretär und Gemeindeschreiber mit 1.8.1920 nach einer Dienstleistung von 50 Jahren in Pension ging, nahm Johann Poferl unter dieser „Bedingung“ die Wahl zum Vorsteher wieder an. Die Schreibarbeiten der Gemeinde besorgte nunmehr Ernst Müller, der früher Gemeindediener war. Wegscheider war am 3. Juni 1871 vom Gemeindevorsteher Engelbert Micko angestellt worden, als Mesner diente er seit dem ersten Adventsonntag des Jahres 1870. Am 18. November genehmigte ihm der Gemeindeausschuss eine jährliche Pension von 1440 Kronen.Auch die Gemeindestube vergrößert sich. Im Gemeindearrest (1922) wird ein zweites Fenster ausgebrochen und der Raum als Gemeindekanzlei hergerichtet. Bisher diente der Sitzungssaal auch als Schreibstube.
Volkszählung 1921
Zum Stichtag vom 1. Februar 1921 war eine Volkszählung angesetzt, die für Glöckelberg folgende Ergebnisse erbrachte:
Glöckelberg : 117 Häuser, bewohnt 114, unbewohnt 3;
Parteien (Familien) 157, Einwohner 753, davon 9 Tschechen: 2 Zigeuner, 2 Gendarmen und Finanzwache;
Josefsthal : 20 Häuser, bewohnt 16, leer 4;
Einwohner 255, davon 5 Tschechen;
Hüttenhof : 80 Häuser, bewohnt 78, unbewohnt 2;
Parteien (Familien) 103, Einwohner 534.
Insgesamt 1542 Einwohner
Konfession: 1513 Katholiken, 7 Konfessionslose, 6 Juden.
Gerichtsbezirk Oberplan:
Einwohner : 15.874, davon 216 Tschechen, 15.353 Deutsche, 9 Juden.
Von 1000 waren 13,9 %o tschechisch (1910 : 7,2%o) und 985,6 %o deutsch (1919: 992,8%o).
Gerichtsbezirk Krumau :
Einwohner 31.480, davon 14.808 Tschechen, 16.131 Deutsche, 15 Juden.
Der Chronist überliefert uns auch eine Liste von 15 Ministern vom September 1921 in welcher er auch Dr. Eduard Benesch, geb. am 28. Mai 1884 anführt und ihn als „Nationalsozialisten“ bezeichnet.
Kirchtag
Die Gemeinde schafft Ordnung: Am Kirchtag hat jeder Verkäufer für 1 Meter Standplatz 1 Krone zu bezahlen und der Platz wird von der Gemeindekanzlei zugewiesen (Mai 1922). Und am 16. Mai war Kirchtag mit Musik beim Gemeindevorsteher Poferl, natürlich in dessen Gastwirtschaft, und beim Kreuzwirt. Bei diesem kam es zu einer Rauferei, bei welcher der Jakob Bub vom Johann Kain schwere Kopfverletzungen davon trug.
Haus der Frau Maria Fuchs / Trafik
Am 20. Mai 1924 fand die Baukommission für das Haus Glöckelberg 121 der Kriegerswitwe Maria Fuchs statt. Sie erhielt als Auflage, dass sie mit dem Abort nicht düngen dürfe, bei kirchlichen Feiern müsse Ruhe gehalten werden und ein zehn Meter breiter Streifen dürfe nicht für Düngerhaufen benützt werde. Es ist das Haus, das nach der Wende 1989 noch restauriert werden konnte und in dem nunmehr drei Ausstellungen über die Ortsgeschichte, über Pater Engelmar Unzeitig und über den Schriftsteller Urzidil eingerichtet sind.
Im August 1926 wird an der Gemeinde angeschlagen, dass das Bodenamt in Prag der Herrschaft Schwarzenberg das Hegerhaus mit der Einlagenummer 168 zum 5. Februar 1927 aufkündigt.
Zweisprachig
Am Gemeindeamt war eine Tafel angebracht, auf der in Großbuchstaben „Gemeindeamt“ geschrieben stand. Am 18. September 1926 musste der Gemeindesekretär Ernst Müller die alte Tafel durch eine zweisprachige ersetzen : „obecní Kancelař – Gemeinde – Kanzlei“.
Keine Jauche auf öffentlichen Plätzen
Durch Anschlag gab die Gemeinde im März 1928 auf Grund eines Gesetzes vom 8.1.1889 bekannt, dass die Ableitung von Jauche auf öffentliche Plätze, Gassen und Wege bei Strafe von 200 Kronen verboten ist und die Staatsdistriktsärzte die Anzeigepflicht haben.
Am 2. Mai 1928 hatte man die letzte Querrinne auf der Bezirksstraße eingeebnet, damit die Automobilfahrer in ihren Wagen keine „Hopser“ mehr machen.
Bierabgabe – Steueraufkommen
Auf Grund einer Regierungsverordnung von 26.1.1928 gab die Gemeinde per Anschlag kund, dass sie vom 1.10.1928 bis 30.9.1934 einheben wird : Auf jeden Liter Bier 10 Heller, auf Branntwein 40 Heller.
Auf Grund der Gemeindeumlagen erzielte die Gemeinde jährlich ein direktes Steueraufkommen von ca. 17.929 Kronen (1928).
Wahlen 1928 – Neuordnung der Bezirksvertretungen
Am 2. Dezember 1928 fanden Wahlen in die Bezirks- und Landesverwaltung statt. Wahlberechtigt waren Personen ab 24 Lebensjahren (für den Bezirk) und ab 26 für das Land. Übersicht über die Ergebnisse : s. unten
Mit Dezember 1928 wurden auch die Bezirksvertretungen neu geordnet. Die Vertretungen in Kalsching, Oberplan und Krumau wurden aufgehoben und die Aufgaben und Kompetenzen in „Böhmisch Krumau“ konzentriert. Die Anschrift lautete : okresní uřad – Bezirksbehörde in Böhmisch Krumau, die offizielle Bezeichnung des Vorsitzenden : Bezirkshauptmann. In diese Vertretung wurden neben den gewählten Mandataren auch Vertreter durch die Regierung entsandt, darunter auch „Alois Essl, Pfarrer in Glöckelberg“.
Wieder Probleme in der Gemeindestube
Am 22. Oktober 1932 legte der Vorsteher Wenzl Fuchs sein Amt nieder, da er zu wenig Unterstützung gefunden hatte. Die Geschäfte führte zunächst Johann Poferl weiter. Am 5. November fand sodann die Gemeinderatssitzung zur Wahl des neuen Vorstehers statt. Gewählt wurde Ignaz Lehrer, Häusler und Maurer Glöckelberg 110. Wenzl Fuchs legte auch sein Gemeindemandat nieder. Da die sozialdemokratische Partei die Übernahme der Amtsgeschäfte durch den neuen Vorsteher nicht zuließ, amtierte ab 17. November sein Stellvertreter Franz Essl. Am 24. November schaltete sich die Bezirksbehörde in Krumau ein und über ihren Auftrag übernahm Ignaz Lehrer die Amtsgeschäfte.
Kanal wird Gemeindeeigentum
Am 7. August 1937 beschloss die Gemeindevertretung den Schwarzenbergschen Schwemmkanal in die Gemeindeverwaltung zu übernehmen. Grundlage hiefür war ein Protokoll vom 10. Juni 1937, das mit allen Betroffenen zustande gekommen ist. Im wesentlichen übernahm die Gemeinde die Erhaltung des Kanals und sie erhielt dafür eine einmalige Zahlung von 20.000 Kronen. Bezug genommen wurde auch auf eine Abmachung aus dem Jahre 1820.
Radikalisierung
Ab September 1933 merkt man aus den Überlieferungen die Zunahme einer politischen Radikalisierung. Die nationalsozialistische Arbeiterpartei wurde verboten, bzw. löste sich auf, um einem Verbot zuvorzukommen. Der Abgeordnete Krebs ist trotz einer Kaution von 250.000 Kronen nach Deutschland geflohen. Aufgelöst wurde der freisinnige Turnverein und die deutschnationale Partei. (Die Partei-Bezeichnungen entsprechen den Aufschreibungen der Chronisten).
Schon im Juni 1933 kommt es im Hinblick auf die gespannten politischen Verhältnisse in den Nachbarländern zu einer verschärften Bewachung der Grenze. Der Gendarmerieposten wurde verstärkt.
Wegweiserprobleme
Um Josefsthal als Sommerfrische zu betonen, waren im August 1933 an der Straße vor dem Gasthof zwei Zementsockel aufgestellt, zwei Stangen an ihnen befestigt und an diesen über dem Weg reichend das Schild „Josefsthal“ angebracht worden.
Auch am 10. Oktober 1933 waren beim Kreuzwirt mehrere Wegweiser angebracht worden, die teilweise auch die Entfernungen angaben : Ulrichsberg, Unterwuldau, Oberplan 9 km, B. Krumau 35 km, Budweis 59 km.
Im Dezember kam von der Bezirksbehörde der Auftrag, sämtliche Wegweiser zweisprachig anzubringen, auch die große Tafel in Josefsthal. Soweit die Tafeln schon zweisprachig waren, jedoch oben deutsch, unterhalb tschechisch, müssen sie so umgeändert werden, dass oben der tschechische Name steht. Es betraf 28 Tafeln.
Verteidigungsvorbereitungen
Anfangs 1937 wurde der Gemeinde durch Zuschrift von der politischen Behörde in Krumau mitgeteilt, dass sie einen Betrag von 15.000 Kronen bereitstellen müsse. Falls erforderlich, müsse er für die Errichtung von Verbindungswegen verwendet werden, wenn der Auftrag von der Staatsverteidigung ergeht.
Am 15.2.1937 begann im Bezirk Oberplan die Tätigkeit der Staatspolizei mit 19 Mann, alle waren Tschechen. Im August wurden die von der Behörde angeordneten Luftschutzübungen als Schutz gegen nächtliche Fliegerangriffe durchgeführt.
Straßensperren
Im Oktober 1937 wurden an den Straßen, die über die Grenze führen, Schranken aus Eisen einbetoniert, beim Zollhaus, an der Kanalstraße, beim „Wegscheider“ und beim Grenzbach Wer die Grenze passieren wollte, musste dies 24 Stunden vorher beim Zollamt melden. Bei Benützung von Nebenwegen drohen 100 Kronen Strafe, bei Wiederholung Arrest. Das wurde als Härte empfunden, da viele Bewohner Wiesen und Felder in Österreich hatten.
Österreich ins Deutsche Reich
Erregung und Aufregung verursachte im März 1938 die Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich. Man verfolgte die Ereignisse mit großem Interesse und man hörte aus den Radioapparaten die jubelnde Menge beim Einmarsch der deutschen Truppen und den Empfang Hitlers in Linz. „Erhebend die Ausrufung der Großdeutschen Reiches vom Balkon des Linzer Rathauses. In Glöckelberg blieb alles ruhig, nur neugierig schaute man über die Grenze. Diese war zeitweise ganz gesperrt. Dann zeigten sich in Schöneben reichsdeutsche Finanzbeamte und beim Zollamt wurde das Hoheitszeichen Großdeutschlands, die Hakenkreuzfahne, aufgezogen.“
Himmelserscheinungen
Verschiedene Himmelserscheinungen wurden als Anzeichen großer Veränderungen gedeutet. Am 25. Jänner 1938 konnte man ein sehr schönes, großes Nordlicht beobachten und in den Tagen der Ereignisse in Österreich sah man in den Morgenstunden eine sonderbare Erscheinung. Um die Sonne herum waren vier bis sieben „Nebensonnen“ zu sehen.
Auflösung der Parteien –Vormarsch der Sudetendeutschen Partei Henleins
Die Veränderungen in Österreich veränderten auch im Sudetenland die politische Situation. Wie im ganzen Sudetenland lösten sich auch in Glöckelberg die bestehenden Parteien auf und traten geschlossen in die Sudetendeutsche Partei Konrad Henleins ein, so der „Bund der Landwirte“ und die „Christliche Volkspartei“, aber auch politisch nicht gebundene Leute, Verbände, Berufsgruppen und Genossenschaften schlossen sich der Bewegung Henleins an.
Schon am 1. Mai 1938 zeigte sich bei der Maiveranstaltung in Oberplan die Stärke der Sudetendeutschen Partei. Aus Glöckelberg nahmen über 400 Personen teil, aus dem gesamten Gerichtsbezirk kamen 10.000 Teilnehmer. Die Ortsmusik marschierte ebenfalls zur Festveranstaltung und wurde von zwei Gendarmen mit aufgepflanztem Seitengewehr und einem Staatspolizisten begleitet. Ansonsten hielten sich die Staatspolizei und die tschechische Gendarmerie im Hintergrund. Die Disziplin der Teilnehmer war tadellos.
„Neue Zeit“ in der Gemeindevertretung
Die „neue Zeit“ führte auch in der Gemeindevertretung zu Veränderungen. Auch die Vertreter aus der Deutschen sozialdemokratischen Partei waren bis auf zwei der Sudetendeutschen Partei beigetreten. Nicht beigetreten war der bisherige Gemeindevorsteher Wenzl Lehrer. Dieser war Bergwerksmaurer in Schwarzbach gewesen und bezog aus der sozialdemokratischen Bundeslade eine Pension, die zu verlieren, er befürchtete. Mit 1. Mai 1938 legte er sein Amt nieder.
Wahl der Gemeindevertretung
Ende Mai 1938 kam es zu Wahlen in die Gemeindevertretungen. Fast überall erreichte die Sudetendeutsche Partei die Mehrheit. Viele Parteien hatten sich aufgelöst, „in manchen Orten waren daher Wahlen gar nicht erforderlich“, da sich alle auf die Liste der Sudetendeutsche Partei geeinigt hatten. So war es auch in Glöckelberg, keine andere Liste war eingebracht worden. Die im Ort ansässigen Tschechen versuchten, eine Minute nach Schluss der Einreichungszeit, durch zwei Finanzbeamte eine Liste bei der Wahlkommission einzubringen. Da aber Leute unterschrieben hatten, die nicht wahlberechtigt waren, wurde die Liste nicht anerkannt. Eine Sanierung wäre durch die Beibringung von 20 Unterschriften möglich gewesen, was aber nicht geschah. Die Tschechen zogen dann die Liste zurück. (An dieser Stelle verrät uns der Schreiber der Chronik, dass er als Vertreter der Sudetendeutschen Partei Mitglied der Wahlkommission war).
Neuer Vorsteher der Gemeinde – Angelobung 1938
Zum neuen Vorsteher der Gemeinde wurde Franz Kary, aus Vorderglöckelberg Nr.6, gewählt und nach längerer Zeit auch von der tschechischen Regierung bestätigt. Der Chronist bekam von der Behörde (=Bezirksbehörde in B .Krumau) den Auftrag zur Angelobung der Vertreter. Dieses Gelöbnis verpflichtete zur Treue zum Staat, die Gesetze zu befolgen, usw. Wie er schreibt, behalf er sich „dass ich das Gelöbnis auf die Heimat abnahm, dass wir für diese wirken wollen.“
Verteidigung und Standrecht – „weiße Kniestrümpfe“
Am Bartlberg wurden Stellungen für einen stärkeren Beobachtungsposten mit MG-Ständen ausgebaut, Gendarmerie- und Finanzposten verstärkt. In der Nacht wurden mit Lastautos Munition für die „Besatzung“ herangebracht. Diese hatte es besonders bei Burschen und Männern auf die abgesehen, die weiße Kniestrümpfe, bei Mädchen und Frauen, die Dirndlkleider trugen. Es kam hierdurch zu Tätlichkeiten.
Die Straßen zur Grenze wurden mit Steinen, Bäumen und quer gestellten Wägen abgesperrt. Verschiedenste Gerüchte wurden im Ort weiter gegeben.
Im September 1938 wurde das Standrecht eingeführt und es begann die Flucht nach Oberdonau, nach Schöneben und Sonnenwald. Dort erfolgte die Eingliederung in die Freikorps. Auch einige Lehrer gingen über die Grenze. Die Schule wurde kaum besucht.
Mobilisierung – Flucht
Als dann in Prag die allgemeine Mobilisierung bis 42 Jahren angeordnet wurde, verließen die meisten Männer den Ort, manche hielten sich in den Wäldern versteckt und kamen in der Nacht zu ihren Häusern. Die nötigsten Feldarbeiten wurden von den Frauen besorgt.
Am 25. September sollten die Pferde abgeliefert werden, doch in der Nacht vorher wurden sie über die Grenze gebracht, trotz der Besatzung. Auf der anderen Seite stand das bewaffnete Freikorps, das auch half, die Pferde über die Grenze zu bringen. Nur ein altes, mageres Pferd wurde zur Sammelstelle gebracht.
Auch der Chronist des Gemeindegedenkbuches verließ mit Frau und einem Wolfshund das Schulhaus und den Ort. Die Nächte vorher hatte er schon im Keller zugebracht. Die nächsten Tage waren sie in Aigen und fanden freundliche Aufnahme beim Bäckermeister Lattner. Die Unterbringung war auch sonst gut, auch ein Auffanglager war eingerichtet. Die tschechische Krone wurde mit 8 Pfennigen umgewechselt.
Jubel über den Anschluss – 1. Oktober 1938
Gespannt lauschte man den Berichten im Rundfunk. Angeblich wurde in den deutschen Gebieten Radioapparate beschlagnahmt. Ungeheuer war der Jubel als in München die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete von Deutschland, England, Italien und Frankreich beschlossen wurde. Glöckelberg war die erste Gemeinde, die von der Reichsarmee besetzt wurde. Es war am Samstag, 1. Oktober 1938, zwei Uhr Nachmittags.
Gemeindevorsteher
Wahltag / Name
7. 12. 1918 Jakob Schacherl, Gastwirt, Bäcker
1. 3. 1919 Ludwig Löffler
13. 7. 1919 Johann Poferl, Gastwirt, Wagner, in Glöckelberg Nr. 72
18. 7. 1920 Wenzl Pranghofer, vulgo „Jagl“, Glöckelberg Nr.55
25. 7. 1920 Johann Poferl, wie oben
7. 10. 1923 Ludwig Löffler, Gastwirt (Kreuzwirt) Glöckelberg Nr. 37
5. 11. 1927 Franz Schacherl, Landwirt, Glöckelberg 26
8. 11. 1931 Wenzl Fuchs, Häusler, Glöckelberg 20
5. 11. 1932 Ignaz Lehrer, Häusler, Glöckelberg 110
Mai 1938 Franz Kary, Vorderglöckelberg Nr. 6
Gemeinderatswahlen
Trat bei der Wahl am 19. Juli 1919 nur eine gemeinsame Liste auf, so waren es am 16. September 1923 drei :
Wahl 16. September 1923:
Liste 1 : Bund der Landwirte und die christlich-soziale Partei (nur Kandidaten aus Glöckelberg) : 277 Stimmen, 9 Mandate;
Liste 2 : Sozialdemokarten ( Kandidaten aus Josefsthal und Hüttenhof) : 294 Stimmen, 10 Mandate;
Liste 3 : Liste des christlichen Bauernbundes und der Klein-Häusler ( nur Kandidaten aus Hüttenhof) : 153 Stimmen, 5 Mandate.
Ungültig : 9 Stimmen.
Wahl 27. September 1931:
Zwei Listen waren aufgestellt :Liste 1 : Deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei
Liste 2 : Bund der Landwirte, politische Partei des christlich-deutschen Landvolkes, der deutschen Gewerbepartei, deutsch-christlichsoziale Volkspartei.
Wahlberechtigt waren 730. Abgegebene Stimmen 694, gültig 690.
Auf Liste 1 entfielen 391 Stimmen (10 Mandate)
auf Liste 2 299 Stimmen ( 8 Mandate).
Wahlen in die Bezirks- und Landesvertretung
Am 2. Dezember 1928 stellten sich 12 Listen der Wahl zur Bezirksvertretung und 14 Listen der Wahl zur Landesvertretung.
Ergebnisse in Glöckelberg:
Bezirksvertretung
Abgegebene Stimmen 622, davon ungültig 15:
– 5 tschechische Listen zusammen : 14 Stimmen
Kommunistische Partei der Tschechoslowakei : 20 Stimmen
– Deutsche Listen
Deutsche Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft (Liste2) : 6 Stimmen
Deutsche freiheitlich-soziale Volkspartei (Liste 3) : 88 Stimmen
Deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei ((Liste 5) : 271 Stimmen
Bund der Landwirte, Partei des deutschen Landvolkes (Liste 6) : 131 Stimmen
Deutsche Gewerbepartei, Wirtschaftspartei des deutschen Mittelstandes (Liste10) : 56 Stimmen
Deutscher Volksverband (deutsche Nationalpartei), (Liste 11) : 21 Stimmen
Landesvertretung
Abgegebene Stimmen 624, davon 11 ungültig:
– 7 tschechische Listen : 39 Stimmen (davon 19 Stimmen für die tschechische KP)
– 7 deutsche Listen : 574 Stimmen ( davon 273 Stimmen für die Deutsche sozialdemokratische Partei, Bund der Landwirte 124, deutsche christlich-soziale Volkspartei 95)
Wahlen in das Abgeordnetenhaus und in den Senat
Am 27. Oktober 1929 fanden die Wahlen statt, in Glöckelberg waren 728 Stimmberechtigte.
Für das Abgeordnetenhaus wurden 681 Stimmen abgegeben, 2 waren ungültig. Es entfielen auf die
Liste 1 : Kommunistische Partei (Sektion der Internationale) 9 Stimmen
Liste 3 : Wahlgemeinschaft, (Bund der Landwirte u.a.) : 134 Stimmen
Liste 4 : Deutsche Sozialdemokratische Partei : 337 Stimmen
Liste 6 : Deutsche National Partei : 15 Stimmen
Liste 8 und 12 : tschechische Listen : 3 Stimmen
Nr. 17 : Deutsche christliche Volkspartei : 171 Stimmen
Nr. 19 : Deutsche nationalistische Arbeiterpartei : 12 Stimmen
Für den Senat wurden 603 Stimmen, ungültig waren 2. Es entfielen auf die
Liste 1 : Kommunistische Partei (Sektion der Internationale) 9 Stimmen
Liste 3 : Wahlgemeinschaft, (Bund der Landwirte u.a.) : 119 Stimmen
Liste 4 : Deutsche Sozialdemokratische Partei : 293 Stimmen
Liste 6 : Deutsche National Partei : 16 Stimmen
Liste 8 und 12 : tschechische Listen : 2 Stimmen
Nr. 17 : Deutsche christliche Volkspartei : 164 Stimmen
Nr. 19 : Deutsche nationalistische Arbeiterpartei : 0 Stimmen
Wahlen am 19. Mai 1935 in den Senat und in das Abgeordneten Haus
Wahlen in den Senat
Abgegebene Stimmen : 619, davon ungültig 2
– Auf 9 tschechische Listen entfielen 14 Stimmen (incl. 4 Kommunisten).
– Auf deutsche Listen entfielen:
Deutsche sozialdemokratische Partei : 163 Stimmen
Bund der Landwirte : 71 Stimmen
Deutsche christlichsoziale Partei : 61 Stimmen
Sudetendeutscher Wahlblock : 11 Stimmen
Henlein Gruppe : 297 Stimmen
Wahlen in das Abgeordneten Haus:
Abgegebene Stimmen 678, ungültig 3
Auf tschechische Listen entfielen 15 Stimmen
Auf deutsche Listen entfielen:
Deutsche sozialdemokratische Partei : 174 Stimmen
Bund der Landwirte : 81 Stimmen
Deutsche christlichsoziale Partei : 63 Stimmen
Henlein Partei : 329 Stimmen
Wirtschaftspartei d. Schuldner : 2 Stimmen
Sudetendeutscher Wahlblock : 11 Stimmen.
Wahlen am 26. Mai1935 in die Landesvertretung und in die Bezirksvertretung :
Wahlen in die Bezirksvertretung:
Abgegebene Stimmen : 646, ungültig 3
– Auf 7 tschechische Listen entfielen 13 Stimmen (incl. 4 Kommunisten)
– Auf deutsche Listen entfielen:
Deutsche sozialdemokratische Partei : 144 (146)* Stimmen
Bund der Landwirte : 52 Stimmen
Deutsche christlichsoziale Partei : 58 Stimmen
Henlein Partei : 353 Stimmen
Deutsche Arbeitspartei : 0 Stimmen
Sudetendeutscher Wahlblock : 20 Stimmen. *Die Zahlen- und Parteiangaben differieren
Wahlen in die Landesvertretung:
Abgegebene Stimmen : 649, ungültig 3
Auf 7 tschechische Listen entfielen 15 Stimmen (incl. 4 Kommunisten)
Auf deutsche Listen entfielen:
Deutsche sozialdemokratische Partei : 144 Stimmen
Bund der Landwirte : 50 Stimmen
Deutsche christlichsoziale Partei : 59 Stimmen
Henlein Partei : 365 Stimmen
Deutsche Arbeitspartei : 4 Stimmen
Sudetendeutscher Wahlblock : 9 Stimmen.
Wahl des Präsidenten
Am 24. Mai 1934 wird in der Prager Burg, im ehemaligen Thronsaal der böhmischen Könige, von 420 Senatoren der Präsident gewählt.
327 Stimmen entfielen auf T.G. Masaryk
38 auf den Kommunisten Gottwald
53 Stimmen waren leer.
Dr. Othmar Hanke