6.4
Das Jahr 1941 – Verhaftung des Seelsorgers – Strenger Winter

Pater Engelmar Unzeitig trat am 8. Oktober 1940 – vom Hochwürden Cramer eingeführt und unterwiesen – die Nachfolge an. Hier sei zusammengefasst, was der Nachfolger von P. Engelmar über diesen – 1941 – festgehalten hat.
Aus dem Pfarrgedenkbuch:
Pater Engelmar Unzeitig
„Pater Engelmar Unzeitig kam aus Riedegg bei Gallneukirchen hierher. Leider war er nur hier von Oktober bis April 1941. Dieser Winter brachte viel Schnee, für einen, der den Böhmerwald nicht kennt, besonders die hiesige Schneegegend, ist die Arbeit schon beschwerlicher als für den, der hier aufgewachsen ist. Noch mehr Sorge machte in dieser Zeit der Religionsunterricht für die Kinder. Eine Zeit waren die Kinder ohne Religionsunterricht, da noch keine Bewilligung dazu gegeben ward….Während der Zeit des Wirkens des Hochwürdigen P.Unzeitig wurde ein neues weißes Messgewand und ein weißes Antependium angeschafft. Der schneereiche und strenge Winter machte Hochwürden viel Sorge, weil er kein Holz im Vorrat hatte und mit seinem Antritt in seinen Posten auch der Winter begann. Doch die Liebe einiger Pfarrkinder verschafften ihm das Notwendigste, was er für seinen Pfarrhaushalt brauchte, so dass man von ihm sagen konnte, dass er die klösterliche Armut während seines Aufenthaltes hier in Glöckelberg hielt.
Leider waren seine Tage (in Glöckelberg) gezählt. Am 21. April, eine Woche nach Ostern wurde er angeblich wegen einer Predigt von der Ge.Sta.Po. (Gestapo = Geheime Staatspolizei) mittels Auto geholt und nach Linz gebracht, wo er bis Pfingsten war und von dort ins Konzentrationslager nach Dachau gebracht.
In Trauer hielt seine Schwester, die ihm den Haushalt führte auf dem Pfarrhaus noch aus mit dem Gedanken sobald als möglich die Flucht zu ergreifen, doch sollte die Pfarrgemeinde nicht lange ohne Seelsorger bleiben. Dieselbe Woche und zwar am Samstag den 26. April langte der neue Seelsorger P. Ansbert Karl Bieberle hier ein. Auch aus derselben Missionskongregation der Mariannhiller Missionare, C.M.M., aus Riedegg, wie der letzte Geistliche“
Soweit der wörtliche Bericht über Pater Engelmar, geringfügig zur besseren Lesbarkeit verändert.

Messen auch für Kriegsgefangene
Die Maiandachten 1941 waren gut besucht, ebenso die zwei Messen an den Sonntagen.  Einige Wochen hindurch durfte der Pfarrer noch eine dritte Messe für die französischen Kriegsgefangenen halten.

Weihbischof Fliesser in Linz
Am 11. Mai 1941 wurde Josef Fliesser,  zum Weihbischof von Linz ernannt. Kurz darauf, am 3. Juni 1941 starb Bischof Johannes Maria Gföllner. Dessen Wahlspruch lautete: „Das ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube.“

Kinderandachten statt Religionsunterricht
Da auch der neue Seelsorger noch keine Bewilligung für den Religionsunterricht hatte, hielt er Kinderandachten ab und bereitete so die Kinder auf die erste hl. Kommunion und Firmung vor. Am 29. Juni führte er ungefähr 30 Kinder zur ersten hl. Kommunion. Am 6. Juli marschierten etwa 70 Firmlinge zum Bahnhof nach Oberplan, fuhren nach Höritz, wo gefirmt wurde.
Das neue Diözesangebetbuch „Vater unser“ wurde auch in Glöckelberg eingeführt. Leider konnten wegen des Krieges nicht genug Gebetbücher angeschafft werden. Etwa 300 konnten verteilt werden.
Zum Schulbeginn wurde am Sonntag, 31. August, ein Amt zu Ehren des hl. Geistes gehalten. Eine Bewilligung für Religionsunterricht lag noch nicht vor, die Kinderandachten waren nur schwach besucht. In den Wintermonaten mussten sie eingestellt werden, da die Sakristei für diesen Zweck zu klein und „zum Heizen nicht günstig war.“

Geringer Kirchenbesuch
Die weiteren kirchlichen Feiertage brachten nur geringen Besuch, so das Kirchweihfest, der Missionssonntag und das Christkönigsfest. Kirchliche Festtage waren auf die Sonntage verlegt  worden und nach Vereinbarung mit dem Staat durften auch am Abend Messen unter Einhaltung der Verdunkelungsvorschrift gefeiert werden. Wegen der Fliegergefahr war das Läuten der Glocken eingeschränkt.

Winter ab Oktober
Ende Oktober begann der Winter, der im November und Dezember bis zu drei Meter Schnee brachte. Die Mette durfte auf den Abend vorverlegt werden, der Besuch war aber schwach, da ein furchtbares Schneetreiben herrschte. Die Ministranten kamen auf ihren Skiern zur Kirche, was ihnen Freude bereitete.

„Volksbewegung 1941“: 40 Kinder wurden getauft, 7 Paare schlossen den Bund fürs Leben, 14 gingen in ein besseres Jenseits.

Aus dem Gemeindegedenkbuch:
Winter verursacht Versorgungsprobleme
Durch den strengen Winter kam es zu Versorgungsschwierigkeiten. Auch der Bahnverkehr brach teilweise zusammen. Die Straße nach Oberplan musste wieder ausgeschaufelt werden, da im Konsum kein Mehl und kein Fett mehr vorrätig war. Die Briefträger holten die Post auf Skiern von Oberplan. Nach drei Monaten konnte der Postverkehr Glöckelberg – Krummau am 8. März 1941 wieder aufgenommen werden. An manchen schattigen Stellen lag der Schnee bis in den Juni hinein. Das Futter für die Tiere war zu wenig. Die Zulieferung von Heu aus Serbien brachte Erleichterung.

Presseberichte als Chronik
Die weiteren Zusammenfassungen aus dem Gemeindegedenkbuch verlieren teilweise ihren Wert für die Lokalgeschichte, da sie als Berichte an die Parteipresse und zwar an die schon erwähnte „Deutsche Böhmerwaldzeitung“ in Krummau und an die gauamtliche „Volksstimme“ nach Linz gingen. Durch solche Berichte konnten auch die „Unabkömmlichkeit“ und die erreichten (oder aufgebauschten)  Erfolge im Sinne des politischen Systems  gezeigt und eine Einberufung zur Wehrmacht verhindert oder hinausgeschoben werden. Ob solche Überlegungen den Chronisten von Glöckelberg beeinflusst haben, kann aber nicht behauptet werden. Er war Jahrgang 1883 und kam bestenfalls für den Volkssturm in Frage. Auch wenn hier versucht wurde, solche (Propaganda-) Ausführungen nur so weit wieder zu geben, so weit sie zur Darlegung der Situation im Ort erforderlich erschienen, können Schlussfolgerungen auf das tatsächliche Geschehen nur mit Vorsicht getroffen werden. Einen Ausgleich schafft teilweise das Pfarrgedenkbuch.

Winterhilfswerk
Auch in diesem Jahr brachten die Sammlungen des Kriegswinterhilfswerkes gute Ergebnisse. So wurden im Jänner 1941 durch die Sammlungen des NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) 824,72 RM aufgebracht werden. „Ein Ergebnis, das man früher für ganz unmöglich gehalten hätte.“  Insgesamt wurden vom September 1940 bis März 1941 im Bereich der Ortsgruppe 4506 RM aufgebracht.

Ehrungen durch die Partei
Am 6.4. 1941 wurden die  neu aufgenommenen NS-Parteimitglieder auf Führer und Partei vereidigt.
Unter dem Titel „Volk ohne Raum“ berichtete der Chronist, dass alle Veranstaltungen darunter leiden, dass die Räume, die für Parteiveranstaltungen zur Verfügung stünden, zu klein seien um die große Zahl der Besucher zu fassen.
Am 13. Juni besuchte der Gauleiter Eigruber auf einer Dienstfahrt den Ort. Der Besuch war nicht angekündigt, so gab es auch keinen offiziellen Empfang. Besprochen wurden Pläne zur völligen Umänderung von Hüttenhof.

Gefallen an der Ostfront
Im Pressebericht vom 14. Juli 1941 zählt der Chronist die im Osten gefallenen Glöckelberger auf : Josef Wachtfeitel am 22. Juni, im 26. Lebensjahr; Franz Auer, am 23. Juni mit 22 Jahren;
Ludwig Micko am 26. Juni. Im Dezember enthält ein Pressebericht die Namen weiterer Gefallenen: Fritz Springer von der Leibstandarte „Adolf Hitler“ und Anton Wegscheider.

Parteimitglieder
Am 5. August 1941 wurde von der Ortsgruppe der Partei eine Zählung durchgeführt:
Glöckelberg : 349 männliche Einwohner – 338 weibliche E.
                       davon bei der Partei :99 m. E. – 2 w. E. = 14,7%
Hüttenhof    :  252 m. E. – 259 w. E. davon Parteimitglied : 78 m. E. – 1 w.E . =   15,46%
Josefsthal    :  103 m. E. –  116 w. E. davon Parteimitglied : 21 m. E. – 3 w.E.  =   10,96%
Ratschin      :   75  m. E. –   73 w. E. davon  Parteimitglied : 20 m. E. – 20 w.E.=  13,51%
Durchschnitt: 14,31 % – Ohne Ratschin : 13,7 %.
Mit 1. September 1941 kam der seit 1923 an der Schule wirkende Lehrer Rudolf Janda auf eigenen Wunsch als Schulleiter nach Hilkering, Landkreis Grieskirchen.

Gaufilmwagen
Im Oktober 1941 erfreute wieder der Gaufilmwagen die Besucher mit den Wochenschauen über das Kriegsgeschehen. Würde er öfters kommen, würde es ein Beitrag zur Eindämmung der Landflucht sein.
Mit einem Bericht vom 22.12.1941 enden die „Presseberichte“. Der Chronist beendet diese mit einem Hinweis auf die Abnahme der Glocken. Es folgt sodann auf etwa zweieinhalb Seiten eine chronologische Berichterstattung über das Geschehen im Ort  bis Ende 1941.

Gemeindebücherei
„Für jeden ist etwas vorhanden“ – unter dieser Devise wird von der Gemeindebücherei mit über 500 Büchern im Oktober 1941 berichtet. Der Chronist hat die Bücherei nach Erhalt von 70 Büchern aus Linz, mit Hilfe eines Sommergastes aus Prag neu geordnet und Kataloge angelegt.

Flaschensammlung
Auch das Jahr 1941 wird mit einer Aufzählung erfolgreich verlaufener Sammlungen abgeschlossen. Zehn Schlitten wurden zur Verwendung an der Front gegen eine Ablöse von 200 bis 300 RM abgeliefert. Außer den regelmäßigen Sammlungen waren 1941 eine Spinnstoffsammlung und eine Flaschensammlung  durchzuführen. Gut erhaltene Flaschen sollten mit Wein, Likör und mit an der Front wärmenden Getränken gefüllt werde.
Eine Grammophon- und Schallplattensammlung wurde in Glöckelberg nicht durchgeführt.
Am erfolgreichsten war die Kälteschutzmittel-Sammlung für die Ostfront. In der Schule war der Sammelraum, Frauen und Mädchen halfen beim Einpacken, Ausbessern und Ordnen. Man brachte neu gestrickte Socken und Fäustlinge aus Schafwolle, Hasen- Kaninchen- und Katzenfelle, auch Schaffelle waren dabei. In manchen Häusern wurde vor dem Ablieferungstag die Nacht durchgearbeitet, um die Spenden fertig zu bringen. 764 Stück und 2 Kisten mit Pelzwerk wurden gespendet, dazu kamen dann noch 43 Paar Ski. („Skifahrer –Sportler- waren ganz verschwunden“).

Viel Schnee – keine Bretter
Im Dezember 1941 gab es viel Schnee. Das Aufstellen von Bretterzäunen um Verwehungen zu vermeiden, konnte nicht durchgeführt werden, da keine Bretter zu bekommen waren und die vorhandenen waren von der Gemeinde verkauft worden.
Die Kinder, die die Hauptschule in Oberplan besuchten, hatten eine schweren Schulweg. In der Früh gingen  sie mit Laternen weg, kamen müde in der Schule an, waren kaum aufnahmefähig und sie wussten nicht, welches Wetter ihnen beim Heimweg bevorstand.
Die Soldaten an der Ostfront klagen in ihren Briefen über die große Kälte und über die Läuseplage. Diese gibt es in drei Farben, weiß, rot und dunkel. Den ehemaligen Weltkriegsteilnehmern ist das bekannt.
Der Chronist beendet mit Dezember 1941 seine  Chronik. Er schließt mit der Wiedergabe von 8 Briefen, die er und andere Funktionäre im Namen der Ortsgruppe verfasst und an alle Soldaten aus Glöckelberg an die Front geschickt hat. Seine Briefe sind mit „Heinrich Pascher“ unterschrieben. Angeschlossen sind 9 Feldpostbriefe von der Front an die Ortsgruppe. Sie enden mit 15. 10. 1941 .Die Briefe sind für die Lokalgeschichte nur von geringer Bedeutung, sie dienten offenbar und deutlich merkbar vor allem der Propaganda Eine Wiedergabe, auch nur auszugsweise, unterbleibt daher. Die weiteren Auszüge sind daher nur der Pfarrchronik entnommen.


     Dr. Othmar Hanke