6.3
Das Jahr 1940 – Neue Seelsorger – Die ersten Kriegsfolgen

Aus dem Pfarrgedenkbuch:
Seelsorger Emil Georg Cramer
Am Dienstag, 16. Jänner 1940, traf der neue Seelsorger, Emil Georg Cramer, ein. Cramer war in Iserlohe in Westfalen geboren. Da Glöckelberg nunmehr zur Diözese Linz (Gau Oberdonau) gehörte, war er vom dortigen Bischof Dr. Johannes Maria Gföllner ernannt worden.

Kirchenräte und Kirchenbeiträge
Über Anordnung des Ordinariats wurden erstmalig Kirchenräte ernannt, die dann auch vom Ordinariat Linz bestätigt wurden. Erstmalig wurden auch Kirchenbeiträge eingehoben. Die Einsammlung hatten die Kirchenräte übernommen.

Neue Riten
Dem neuen Seelsorger war es eine Herzensangelegenheit, die hier unbekannten Kreuzwegandachten einzuführen. Schon zur ersten Andacht kamen viele Besucher und sie wurden von Woche zu Woche mehr. Einige Wochen später führte er auch erstmalig vor dem feierlichen Hochamt zu Maria Himmelfahrt eine Kräuterweihe ein, „ein alter sinniger Brauch, der hier leider gänzlich unbekannt war“.Ein Herr Wilhelm Cramer (ein Bruder des Seelsorgers?), aus Essen im Rheinland, spendete Kerzenhalter für den Aufsatz des Tabernakels. Das Fehlen derselben entsprach nicht den kirchlichen Vorschriften- wie der Seelsorger in der Chronik vermerkte.

Osterbeichte – Belehrung der Gemeindemitglieder
An der Osterbeichte beteiligten sich 80%, was der Seelsorger mit einem „Deo gratias“ kommentierte. Auch die Auferstehungsfeier war sehr stark besucht, das Gotteshaus überfüllt.
Das schadhaft gewordene Kommuniongitter wurde hergerichtet und angehoben und dazu passende Kniebänke angefertigt.
Chormessen wurden eingeübt. Der Seelsorger hatte im Klosterneuburger Verlag für Volksliturgie einige hundert Hefte der Chormesse und ein Schottmessbuch bestellt. Die Hauhaltungslehrerin Rosa Rienmüller half ihm beim Einstudieren der Gemeinschaftsmesse. Stolz vermerkt er: „Es ist ja selbstverständlich, dass ich den Kindern in der Schule und den Gemeindemitgliedern von der Kanzel erst eine kurze Einführung über Messfeier im Geiste der Kirche hielt.“

Viel Theologie – wenig Chronik
Der Seelsorger und Chronist beschreibt mit theologischen Überlegungen den Ablauf verschiedener kirchlicher Feste, unterlässt aber konkrete Angaben. So erwähnt er den Tag der Erstkommunion, 23. Juni 1940, schwärmt vom geziemend geschmückten Altar, hält aber nicht die Anzahl der zur ersten hl. Kommunion gehenden Kinder fest.

Enthebung
Da er sich körperlich schon längere Zeit  sehr unpässlich fühlte, ersuchte er um Enthebung, die zum 1. Oktober vom Bischof Gföllner genehmigt wurde. Er schließt seinen Abgang mit folgenden Worten: „Am 8. Oktober nahm ich dann Abschied, nachdem ich den Nachfolger eingeführt und unterwiesen hatte. Ich hatte viel Freude in der Zeit meines Hierseins, aber auch ebensoviel vom Gegenteil.“Der Nachfolger war P. Engelmar Unzeitig von der Mariannhiller Missionskongregation in Riedegg bei Gallneukirchen. Pater Engelmar hat die Pfarrchronik nicht weitergeführt. Sein Nachfolger P. Ansbert Karl Bieberle kam ebenfalls aus Riedegg. Er beschreibt etwa ab 26. April 1941 rückblickend das Geschehen nach dem Abgang des Pfarrers Wilhelm Cramer. Sein Bericht ist dem nächsten Abschnitt „Das Jahr 1941“ zugeordnet.

Aus der Gemeindechronik:
Kälte
Die Monate Dezember1939 und Jänner 1940 brachten zwar wenig Schnee, jedoch große Kälte. In den Kellern froren die Kartoffeln und die Holzhauer klagten über Erfrierungen der Zehen. Der Februar war zunächst mild, dann wieder frostig und es fiel viel Schnee. Die Postverbindung musste durch mehrere Tage eingestellt werden. Vom Landrat in Krummau kam der Auftrag, dass die Straßen von den Ortsbewohnern vom Schnee zu räumen seien. Schulkinder ab 12 Jahren wurden hiezu herangezogen.

Mangel an Brennholz
Das Fichtenholz wurde zu einem wertvollen Rohstoff, da es für Rüstungszwecke benötigt wurde, aber auch zu Herstellung der „Holzzellwolle“, die in der Bekleidungsindustrie Verwendung fand. Die starke Nachfrage nach Holz führte dazu, dass nur schwer Brennholz zu bekommen war. Vielfach musste auf Kohleheizung umgestellt werden, was bei den in Verwendung gestandenen Holzöfen nicht einfach war.

Eier aus Bulgarien
In den Geschäften kamen bulgarische Eier ( Stück 11,5 Pfennige) und ungarisches Schweinefett (1 kg 2,08 RM) zum Verkauf. Für den Kauf von Petroleum wurden von der Gemeinde eigene Bezieherlisten ausgegeben. In den Haushalten musste man mit Kerzenlicht zufrieden sein.

Metallsammlung
Infolge eines Aufrufes des Generalfeldscharschalls Hermann Göring fand im April eine Metallsammlung statt, die am 20. April, am Geburtstag des Führers, abzuschließen war. Sammelstelle war das Gemeindehaus. Auch der Seelsorger Cramer brachte aus dem Kircheninventar zwei „Messinghörner mit Bögen“.

Maschinen zur Kultivierung- Rattenvertilgung
Nach Hüttenhof kam eine Garnitur von Maschinen zur Kultivierung des Bodens und zum Entfernen der großen Steinblöcke aus den Wiesen und Feldern. Man erhoffte sich ertragreichere Flächen. Von einer Fachfirma wurden zur Bekämpfung der Ratten Köder, ein Phosphorpräparat, gelegt. Viele konnten vertilgt werden.

Keine Ausreise in die USA – Kriegserfolge
Die Hausbesitzerin Poferl, „Amerikanerin“, wollte im April nach den USA fahren, damit sie ihre Staatsbürgerschaft nicht verliert. Die politische Lage und der Krieg ließen die Reise nicht zu.
Jedoch „der günstige Verlauf des Krieges begeisterte alle“ – nach den Besetzungen Dänemarks, Norwegens, Hollands, Belgiens. „Italien wird aktiver Kampfgenosse“.
Die freiwillige Feuerwehr wird als Feuerpolizei vereidigt.

Kriegsgefangene Franzosen
Im ehemaligen Zollhaus wurden zehn Kriegsgefangene, Franzosen, untergebracht, die im Revier Sonnwald zu Straßen und Waldarbeiten herangezogen werden. Auch in Josefsthal wurde die ehemalige Ätzerei für den gleichen Zweck adaptiert. Im September kamen 40 Kriegsgefangene, ebenfalls  Franzosen, dorthin. Auch ein Heilpraktiker ließ sich in Josefsthal nieder.

Propagandafilme
Ein Tonfilmwagen versorgte die Bevölkerung mit Propagandafilmen. Der Wagen betrieb eine  eigenen Dynamo. Bild und Ton waren verhältnismäßig gut.

Erste Evakuierungen
Da Berlin öfters Fliegerangriffen der Engländer ausgesetzt war, kamen im November 8 Berliner, die bei Familien untergebracht wurden.

Erste Motorsäge
Im selben Monat wurden im Bärenlochwald erstmals Bäume mit einer Motorsäge (Kleinmotor mit Bandsäge) umgeschnitten. Die Arbeit ging zwar rasch vorwärts, aber die Waldluft, der Harzgeruch verschwanden und ein Benzin- Ölgestank erfüllten den Wald.

Kälte
Im Dezember wurde es empfindlich kalt und es fiel viel Schnee.  Am 17. Dezember wurden   -25 Grad Celsius gemessen, beim Bahnhof Oberplan -32 Grad. Bei der Schule lag der Schnee 71cm hoch. Wieder wurde der Postverkehr eingestellt, die Straßen waren unpassierbar.

Haus- und Straßensammlungen
Auch in diesem Winter wurden Haus- und Straßensammlungen durchgeführt, Spenden für die Wehrmacht gab man gerne. Begehrt waren auch die Abzeichen, die den Spendern gegeben wurden. Auch im Rundfunk gab es Wunschkonzerte, die ein hohes Spendenaufkommen verzeichneten.
Der Chronist, der als Politischer Leiter der Ortsgruppe tätig war und zwar als Schulungs- und Presseleiter, schildert begeistert die organisatorischen Leistungen der Wehrmacht, der Regierung und fügt aus der „Deutschen Böhmerwaldzeitung“ aus Krummau und aus der „Volksstimme“ aus Linz eine Reihe von Presseberichten an, Politisches, aber auch Volkskundliches, die auch den Ort Glöckelberg berühren. Auf eine Wiedergabe wird hier verzichtet.

     Dr. Othmar Hanke